Veröffentlicht am 2. Juni 2025
Wenn Vermieter eine Wohnung wegen Eigenbedarfs kündigen, haben Mieter oft nur wenige Möglichkeiten, sich dagegen zu wehren. Eine solche Möglichkeit ist der sogenannte Härtefall – etwa dann, wenn ein Umzug die Gesundheit des Mieters ernsthaft gefährden würde. Doch wie muss man so einen Härtefall eigentlich nachweisen?
Der Bundesgerichtshof (BGH) hat hierzu mit einem aktuellen Urteil (Az. VIII ZR 270/22 vom 16. April 2025) eine mieterfreundliche Entscheidung getroffen: Ein ausführliches Attest eines Facharztes ist nicht immer notwendig. Auch eine gut begründete Stellungnahme etwa eines langjährigen Psychotherapeuten kann ausreichen.
Worum ging es konkret?
Ein Berliner Mieter, der seit 2006 in seiner Wohnung lebte, sollte wegen Eigenbedarfs des Vermieters ausziehen. Er widersprach der Kündigung mit dem Hinweis, dass ihn ein Umzug psychisch überfordern würde – er leide an Depressionen mit Suizidgedanken. Zur Untermauerung legte er eine Stellungnahme seines Psychoanalytikers vor, in der dieser die gesundheitlichen Risiken eines Wohnungswechsels beschrieb.
Sowohl das Amtsgericht als auch das Landgericht Berlin wiesen seine Klage ab: Ein ärztliches Attest eines Facharztes – etwa eines Psychiaters – sei erforderlich.
Doch der BGH sah das anders.
Was hat der BGH entschieden?
Der Bundesgerichtshof stellte klar: Entscheidend ist nicht, wer die gesundheitliche Einschätzung abgibt, sondern wie gut sie begründet ist. Eine Stellungnahme eines Psychotherapeuten oder Hausarztes reicht aus – vorausgesetzt, sie beschreibt nachvollziehbar, welche gesundheitlichen Folgen ein Umzug hätte. Die Gerichte müssen solche Angaben ernst nehmen und dürfen sie nicht einfach ignorieren, nur weil kein Facharzt unterschrieben hat.
Das Urteil bedeutet nicht, dass jeder Härtefall automatisch anerkannt wird – aber es erleichtert Mietern deutlich, ihre gesundheitlichen Belange geltend zu machen, ohne dass sie aufwendig einen Facharzttermin nachweisen müssen.
Was bedeutet das für Mieter?
Wer aus gesundheitlichen Gründen befürchtet, eine Kündigung nicht verkraften zu können, sollte dies dem Vermieter rechtzeitig mitteilen und eine medizinisch nachvollziehbare Stellungnahme vorlegen. Das kann auch eine schriftliche Einschätzung eines Therapeuten oder Hausarztes sein – wichtig ist nur, dass darin genau beschrieben wird, warum ein Umzug nicht zumutbar ist.
Fazit
Das Urteil stärkt die Rechte der Mieter in Fällen, in denen gesundheitliche Gründe gegen einen Wohnungswechsel sprechen. Es macht deutlich, dass Gerichte individuelle Lebenslagen ernst nehmen müssen – und dass nicht jeder Beweis durch teure Gutachten oder Spezialisten erfolgen muss.
